Sonntag, 23. Juni 2013

Bildung: Kostenfaktor oder Menschenrecht?

Podiumsdiskussion anlässlich der aktuellen Großproteste gegen die Kürzungspolitik der Landesregierung*


Wann? Donnerstag, 04. Juli 2013, ab 18 Uhr
Wo? Otto-von-Guericke-Universität, Gebäude 5, Hörsaal 4
Wer? Wulf Gallert (Fraktionsvorsitzender DIE LINKE. im Landtag von Sachsen-Anhalt), Thomas Lippmann (GEW-Landesvorsitzender), Nicole Stelzer (Geschäftsführerin des Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e.V.), ein*e Vertreter*in des kritischen Lesekreises des Infoladens [Salbke], Maximilian Schwarz (RCDS Magdeburg) sowie ein*e Vertreter*in des Hochschulbündnis Sachsen-Anhalt.

Sachsen-Anhalt erlebt zurzeit die größten Hochschulproteste in der Geschichte des noch jungen Bundeslandes. Aber auch andere von Kürzungsandrohungen in Alarmbereitschaft versetzte Bereiche wie die Kulturlandschaft, die Kinder- und Jugendhilfe oder die Soziale Arbeit beteiligen sich immer stärker an den Anti-Kürzungs-Protesten. Nachdem am 30. April 2013 über 7.000 Menschen in Halle auf die Straße gingen, legte Magdeburg einen Monat später, am 30. Mai 2013, mit 10.000 noch einen drauf. Das landesweite Hochschulbündnis wollte die Protestwelle nutzen und rief ein weiteres Mal zur Großdemonstration vor dem Landtag in Magdeburg auf. Über 50 Busse aus Halle stünden für den 12. Juni zur Verfügung, hieß es. Der Landesregierung schlotterten bereits die Knie - doch dann kam das Hochwasser...


Landesregierung zeigt sich beratungsresistent

Für die Koalition kam die "Jahrhundertflut" sicherlich nicht ungelegen, könnte man zynisch behaupten. Nachdem die landesweite Großdemonstration vernünftigerweise abgesagt worden ist, ist das öffentliche Interesse am Thema leicht abgeflaut, geht es doch zunächst um die Beseitigung der Hochwasserschäden und eine Erfassung des ganzen Ausmaßes der Zerstörung. Ein Blick auf die aktuellsten Entwicklungen lohnt sich trotzdem. Die Landesregierung untermauerte jüngst in unmissverständlicher Art und Weise, dass sie nicht abweichen wird von ihren radikalen "Sparprogrammen". Einem quasi-religiösen Mantra gleich wiederholen Ministerpräsident und Finanzminister bei jeder Gelegenheit die vermeintliche Alternativlosigkeit der Kürzungsprogramme, zuletzt am 21. Juni, als Haseloff das Publikum mit einer 40-minütigen Regierungserklärung fast in den Schlaf langweilte. Die Mitteldeutsche Zeitung fasst dieses rhetorische Feuerwerk so zusammen: "Haseloffs Regierungserklärung wird in weiten Strecken zu einer Haushaltsrede, die wohl nur wirklich einen zufriedenstellen dürfte - Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD). Doch der sitzt wie abwesend in der Regierungsbank, Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) gähnt, Sozialminister Norbert Bischoff (SPD) starrt auf seine Fingernägel und Justizministerin Angela Kolb (SPD) schwatzt mit Bauminister Thomas Webel (CDU). Hartmut Möllring ist inzwischen bei der zweiten Zeitung angekommen. Nur Umweltminister Hermann Onko Aeikens (CDU) scheint zuzuhören." [1] Interessanter Fakt am Rande: Wissenschaftsminister (!) Möllring las nicht irgendeine Zeitung, sondern die BILD [2] - so viel zum Thema Wissenschafts- und Hochschulkompetenz.

Zeit für Inhalte

BILDet sich, während der Ministerpräsident spricht:
H. Möllring, Wissenschaftsminister
Während sich die Landesregierung also weiterhin in der selbstverordneten Austeritätszwangsjacke befindet, sind sich alle anderen gesellschaftlichen und politischen Akteur*innen, vom Rektor über den Studierenden bis hin zum*zur Kulturschaffenden, darüber einig, dass es so nicht geht. Trotz eines tatsächlich bedrohlichen Schuldenbergs von 21 Milliarden Euro könne man einen derartigen Raubbau an der Zukunft nicht zulassen. Was dabei aber wenig Behandlung erfährt, sind machbare Zukunftsmodelle und eine konstruktive Haushaltsdebatte. Was kann sich Sachsen-Anhalt noch leisten? Wo gibt es tatsächlich Einsparpotentiale? Welche Investitionen sind Millionengräber? Welche Fördertöpfe werden noch nicht ausreichend angezapft? Doch neben dieser rein haushaltspolitischen Debatte beobachten wir eine weitere Tendenz: statt klar und deutlich zu machen, dass Bildung einen inhärenten Wert für sich hat - Stichwort "Bildung ist ein Menschenrecht" - versuchen selbst die Hochschulbündnisse in der öffentlichen Debatte mit ökonomistischen o.ä. Argumenten zu punkten: Studierende haben Kaufkraft, Studierende konsumieren brav, Studierende stellen ihre Wichtigkeit für die Gesellschaft auch "am Deich" oder wahlweise am Sandsackabfüllplatz unter Beweis. Das mag alles richtig sein, führt aber unserer Auffassung nach von den wirklich wichtigen Diskussionen weg: Wie gestaltet sich Zukunft eigentlich? Gibt es eine Zukunft ohne Kultur, Bildung und Wissenschaft? Was sind die Prioritäten in der Gesellschaft? Worin geht die Reise überhaupt? Warum wird Bildung nicht als Politikprimat an sich verteidigt, sondern als "Investitionsprojekt" innerhalb eines kapitalistischen Systems? Ist "Sparen" wirklich "alternativlos"? Und was hat das alles eigentlich mit Kapitalismus zu tun?

Lasst uns diskutieren: Ist Bildung Kostenfaktor oder Menschenrecht?

Als linke Hochschulgruppe möchten wir einen Beitrag zur inhaltlichen Vertiefung und Fundierung leisten und laden deswegen zu einer großen Podiumsdiskussion am 04. Juli 2013 ab 18 Uhr ein. Ort des Geschehens ist Hörsaal 4 im Gebäude 5 auf dem Campus der Otto-von-Guericke-Universität. Um nicht immer "im eigenen Saft zu schmoren" und wechselseitig das zu bestätigen, worüber ohnehin schon ein spektrenübergreifender Konsens besteht, haben wir das Podium möglichst breit und kontrovers besetzt. Damit möchten wir dem eigenen Anspruch an eine ergebnisoffene, breite und pluralistische Debatte gerecht werden. Darüber hinaus ist es wichtig, nicht nur den Hochschulsektor im Blick zu haben, denn der Kelch des Sparens wird ohnehin herumgereicht: trifft es den einen schwächer, trifft es den anderen härter!Schon jetzt bedanken wir uns für die große Resonanz - trotz aller Kurzfristigkeit - sowie die schnelle und unkomplizierte Zusage aller eingeladenen Akteur*innen! Unsere Diskussionspartner*innen sind: 

Wulf Gallert, Fraktionsvorsitzender DIE LINKE. im Landtag von Sachsen-Anhalt
Thomas Lippmann, GEW-Landesvorsitzender
Nicole Stelzer, Geschäftsführerin des Kinder- und Jugendrings Sachsen-Anhalt e.V.
ein*e Vertreter*in des kritischen Lesekreises des Infoladens [Salbke]
Maximilian Schwarz, RCDS Magdeburg
ein*e Vertreter*in des Hochschulbündnis Sachsen-Anhalt.

Also: Kommt vorbei und diskutiert mit!

*Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die neonazistischen Parteien oder Organisationen angehören, der neonazistischen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen. Hierzu reicht das subjektive Bedrohungsgefühl aus.

[2] Hier das Beweisfoto auf "Magdeburg halt.": klick

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen